Zeitzeugenvorträge im Thinghaus stießen auf großes Interesse

Archivfoto vom 03.09.2016

Die Zeitzeugenvorträge im deutschlandweit bekanntem Neonazitreff Thinghaus stießen am Sonntagnachmittag auf großes Interesse. Mit über 100 Teilnehmer ist die Vortrags-Veranstaltung eine der meist besuchtesten seit langem. Erst nachdem die Polizei über einen Journalisten von der Veranstaltung in Kenntnis gesetzt wurde, beobachteten sie das Geschehen.

Zeitzeugen im Thinghaus

Am Sonntagnachmittag, den 07.05.2017, öffnete das deutschlandweit bekannte Neonazitreff Thinghaus in Grevesmühlen seine Tore zu einem Zeitzeugen-Vortrag. Zwei freiwillige Veteranen der 3. und 18. Division berichteten von ihren Kriegserlebnisse, während des Zweiten Weltkrieges. Seit anfang April wurde die Reihe unter dem Titel „Vorträge im Norden“ auf diversen Internetseiten öffentlich beworben. Bereits zum Vortag wurde die gleiche Veranstaltung für die Region Waren beworben. Die Zeitzeugen, die ihre Kriegsgeschichten den interessierten Kameraden erzählen können, werden langsam rar. Wohl nicht nur das ist ein Grund, warum so ein reges Interesse an der Veranstaltung im Thinghaus herrschte. Über 100 extrem Rechte fanden sich ab ca. 13:00 Uhr ein, um den Kriegsgeschichten zu lauschen. Die Teilnehmerzahl war so hoch, wie schon lange nicht mehr zu einem Vortrag im Thinghaus. So wurde nicht nur der Hof des Thinghauses zu geparkt, sondern die Reihe geparkter Autos zog sich auch am öffentlichen Straßenrand entlang.

Während der Anreisezeit befanden sich keinerlei Polizeikräfte am Thinghaus. Anscheinend haben die Ordnungsbehörden trotz des Bewerbungszeitraumes von rund einem Monat nichts von der Veranstaltung im Vorfeld mit bekommen. Erst als ein Journalist die Polizei von der Veranstaltung in Kenntnis setzte, wurde ein Einsatz ausgelöst. Als die Hauptanreisezeit längst vorbei war, nahmen die lokalen Streifenbeamten Kontakt mit dem Hausherren Sven Krüger auf. Nach einer kurzen Absprache wurden zwei Beamte im Streifenwagen an der Einfahrt des Thinghauses positioniert, die das Geschehen beobachteten.
Die Teilnehmer strömten aus den kompletten norddeutschen Raum ins Thinghaus. Ein Teil der Neonazis sind Stammgäste im Thinghaus oder waren Besucher bei dem Maitanz am vergangenen Wochenende in Jamel. Der Großteil waren einschlägig bekannte Neonazis, die zum Teil ein hohes Gewaltpotential aufweisen. Aufgrund der mangelnden Präsenz der Polizei in Kombination mit dem braunen Klientel glich das Gebiet um das Thinghaus am Grünen Weg einmal mehr einer „National befreiten Zone“.

Veranstaltungsdichte stetig

Wieder einmal weisen Zivilgesellschaft und Ordnungsbehörden keine Strategie gegen das Thinghaus in Grevesmühlen auf. Unkontrolliert konnten sich erneut über 100 zum Teil einschlägig bekannte Neonazis im Thinghaus zu einer Veranstaltung treffen.
Die Ostsee-Zeitung berichtete am 21.04.2017 in dem Artikel „Obstbäume für die Demokratie“ von einem Rückgang der Veranstaltungen im Thinghaus aufgrund der Polizeidruckes sowie einer Schließung des NPD-Bürgerbüros, ansässig im Thinghaus. Quellen für diese Behauptungen werden nicht genannt. Im vergangenen Jahr fanden nach einer Anfrage an das Innenministeriums zur „Veranstaltung der rechten Szene“ der Partei DIE LINKE im Thinghaus in Grevesmühlen 16 polizeilich erfasste Veranstaltungen, damit mehr als eine Veranstaltung pro Monat, im Thinghaus statt. Im Jahr 2015 betrug die Anzahl 17 polizeilich erfasste Veranstaltungen und 2014 waren es 10 Veranstaltungen nach einer ähnlichen Anfrage im Landtag von DIE LINKE. Demnach ist die Veranstaltungsdichte im Thinghaus weiterhin stetig bzw. gegenüber 2014 sogar gestiegen. Auch bewirbt ein Schild am Eingangstor des Thinghauses monatliche Öffnungszeiten für das NPD-Bürgerbüro des Kreisverbandes Westmecklenburg.

Zwei Wochenenden in Folge war es der organisierten rechten Szene möglich, weitesgehend ungestört Veranstaltungen mit dreistelligen Besucherzahlen in der Region Grevesmühlen durchzuführen. Bereits am vergangenen Wochenende fand ein Maitanz im nahegelegenen Jamel mit über 250 extrem Rechten statt (hier mehr). Auch für die kommenden Monate ist mit weiteren Veranstaltungen in der Region Grevesmühlen zu rechnen.