30 Jahre „Sturmvogel – Deutscher Jugendbund“

Bereits am frühen Morgen wurden die schwarzen Jurten, die als Schlafplätze für die Besucher dienten, in der Alte Straße auf dem sogenannten „Vierseitenhof“ in Cossen (Sachsen) aufgebaut. Der „Sturmvogel-Deutscher Jugendbund“ feierte am vergangenen Wochenende auf dem Gehöft von Martin W. sein 30-jähriges Bestehen. Überraschend Wenig beteiligten sich an diesen besonderen Anlass.

Völkische Tradition

Gegründet wurde der Jugendbund im September 1987 von einer kleinen Gruppe rund um die ehemaligen „Wiking Jugend“-Mitglied Rudi Wittig, ehemaliger Bundesfahrtenführer, und Edda Schmidt. Aufgrund von persönlichen Differenzen hatten sie zuvor die militante Jugendorganisation verlassen.

Morgenappel beim Sommerlager in Grabow 2015

Beim „Sturmvogel“ fungierte Wittig als erster Bundesführer. Mittlerweile wohnt er in der Gemeinde Benz in der Nähe von Wismar. Öffentliche Auftritte von ihm sind seit Jahren immer seltener geworden. Neben dem Sturmvogel ist ihm eine Nähe zur Identitären Bewegung nach zu weisen. Im Oktober 2015 besuchte er gemeinsam mit dem IBler Torsten Görke, der mittlerweile in die Nähe von Rostock gezogen ist, einen Stammtisch der neurechten Jugendbewegung. Ein paar Monate zuvor nahm Wittig gemeinsam mit Görke an einem MVgida-Aufmarsch teil. Rudi Wittig ist nicht der Einzige unter den Sturmvogel-Reihen, der Verbindungen zu Identitären Bewegung hat.
Schwerpunkt des Sturmvogel ist die Kinder- und Jugendarbeit. Schon frühzeitig sollen die Kleinsten in die nationale Volksgemeinschaft eingeführt werden. Mit Volkstänzen oder Singewettstreiten, u.a. stehen Lieder der ehemaligen „Hitler Jugend“ auf dem Pflichtprogramm, werden die Kinder und Jugendlichen in nationalen Brauchtum und Ideologie gelehrt. Mit der Schaffung einer Gegenkultur werden sie gegen die bundesdeutschen Gesellschaft gestärkt und Feindbilder projeziert. Regelmäßig werden Fahrten und Lager veranstaltet, bei denen die Kinder abgehärtet werden sollen. Im Freien werden die schwarzen Jurten, in dem die Kinder schlafen, aufgebaut. Alle tragen die Sturmvogel-Uniform. Für die Mädchen ist der Dresscode das grüne Hemd mit dem Abzeichen sowie lange Röcke. Die Jungen tragen ebenfalls das grüne Hemd und Stoffhosen. Für die Kinder, die zum Teil erst 6 Jahre alt sind, sind diese Unternehmungen oft sehr Kräfte zehrend. Bei jeder Witterungsbedingung heißt es noch vor dem Frühstück stramm stehen beim Morgenappell, Frühsport, Wanderungen und Überlebensübungen im Wald.
Die Gemeinschaft ist sehr eingeschworen. Nicht jeder darf beim Sturmvogel mitmachen. Oft haben die Mitglieder eine lange Familietradition bezüglich der politischen Einstellung auf zu weisen. Einige Eltern, die ihre Kinder zu den Veranstaltungen des Sturmvogel schicken, wurden in der mittlerweile verbotenen, militanten „Wiking Jugend“ erzogen. Nachdem die Organisation „Heimattreue deutsche Jugend“ verboten wurde, brachten in jüngster Vergangenheit auch einige damalige Mitglieder der HDJ, wie Frank Klawitter, ihre Kinder zum Sturmvogel. Unter Szenekennern gilt der „Sturmvogel“ schon länger als Auffangbecken für ehem. HDJ-Kader-Kinder.

Interne Unstimmigkeiten

Die Feier zum 30-jährigen Bestehen fand am vergangenen Wochenende auf dem Gelände von Martin W. statt. Während in den Räumlichkeiten Tanz und Gesang aufgeführt wurde, bewachte W. den Eingang. Bereits in Vergangenheit fanden auf dem Gelände Veranstaltungen mit ähnlichem Chrakter statt. So auch vom „Volkstanzkreis Cossen“ zu dem inzwischen ein Mitglied der verbotenen „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ zählt.
Für so ein großes Event des Sturmvogels waren die Teilnehmerzahlen gering. Nicht mehr als 60 Mitglieder jeglichen Alters fanden sich ein. Vorwiegend reisten sie aus dem norddeutschen Raum an, wie Mecklenburg-Vorpommern oder der Lüneburger Heide, die Heimat von Edda Schmidt. Aus Mecklenburg-Vorpommern nahm Petra Müller mit ihrer Familie an der Veranstaltung teil. Müller war u.a. an der Gründung der NPD-Frauenorganisation „Ring nationaler Frauen“ beteiligt, war in der HDJ aktiv und nahm bei Treffen der „Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft“ teil.

In der Öffentlichkeit stand sie 2010, als sich Lalendorfs Bürgermeister weigerte, ihr für ihr siebtes Kind die Ehrenpatenschaft des Bundespräsidenten zu überreichen. Bei den Sturmvogel-Lagern beteiligt sich Petra Müller häufig an der Küchenarbeit.
Die Anwohner von Cossen scheinen kein Problem mit den Aktivitäten auf dem „Vierseitenhof“ zu haben. Einige vorbeifahrende Nachbarn grüßten Martin W. freundlich, als dieser an seinem Wachposten stand. Kurz schaute auch die Polizei vorbei. W. beruhigte sie, sodass die Feier durch die Anwesenheit der Polizei nicht gestört wurde. Gerade einmal zwei Stunden positionierten sich die drei Streifenwagen in den umliegenden Straßen. Ein paar Mal fuhren sie Streife durch den rund 200-Seelen-Ort, bevor es in den Feierabend ging. Das Geschehen der Veranstaltung beobachteten sie während der Zeit nicht.

Morgenappel beim Sommerlager in Grabow 2015

Auffällig war das Fehlen einiger wichtiger Mitglieder bei der Sturmvogel-Feier in Cossen. So blieb Rudi Wittig der Veranstaltung fern. Innerhalb der eingeschworenen Gemeinschaft soll es Streitigkeiten geben. Gerade in den letzten Jahren wurden immer wieder die geheimen Lager und Veranstaltungen des Jugendbundes öffentlich gemacht. Auch für internationale Medien ist der Bund interessant geworden. Nachdem das Recherche-Team der antirassistischen Zeitung „Expo“ auf das Sturmvogle-Sommerlager in Südschweden im vergangenen Jahr aufmerksam geworden ist, wurden der Öffentlichkeit Videoaufnahmen von deren Aktivitäten dort präsentiert.
Einige Mitglieder sollen sich mittlerweile dem Sturmvogel abgewandt haben und zu anderen Organisationen tendieren, wie dem „Jungadler“. Desweiteren sind die personellen Verbindungen zum „Freibund“ und zur ehemaligen „Heimattreuen deutschen Jugend“ nicht zu unterschätzen.