Offenes Kampfsporttraining im Thinghaus

Die Kampfsport-Combo „Baltik Korps“ veranstaltete erneut ein offenes Kampfsporttraining im Neonazitreff Thinghaus in Grevesmühlen.

Training für den Straßenkampf

Die von der Kameradschaft „Aktionsblog“ mitinitiierte Kampfsportgruppe „Baltik Korps“ lud am vergangenen Samstag zu ihrem zweiten offenen Training im norddeutschlandweit bekanntem Neonazitreff Thinghaus ein. Teilnehmer ab 14 Jahren bekamen „den Anreiz, [ihren] Körper neu zu definieren, aus [sich] selbst heraus zu kommen, um neue Wege zu bestreiten“, wie es in der Ankündigung auf der Facebook-Seite des „Aktionsblog“ hieß. Rund 8 Neonazis nahmen das offene Training wahr und trafen sich kurz nach halb 12 am Thinghaus. Schnell wurden die Schlagpolster aus den Autos geladen, damit pünktlich mit dem Training begonnen werden konnte. Länger als 1,5 Stunden dauerte die Veranstaltung allerdings nicht. Unbemerkt blieben die Neonazis bei ihrem Kampfsporttraining nicht. Kurz nach Beginn wurde ein Streifenwagen des örtlichen Polizeireviers auf die Aktivitäten im Thinghaus aufmerksam. Ein wenig zögerlich betraten die Polizeibeamten das Gelände. Nachdem sie die Lage eingeschätzt hatten, verließen sie das Thinghaus wieder. Die restliche Zeit der Veranstaltung, wurden die Neonaziaktiviäten von der „Mobilen Aufklärung Extremismus“ beobachtet.

Wie der Vater, so der Sohn…

Bereits im April veranstalteten die „Baltik Korps“ ein offenes Training im Thinghaus. Das Training im April zog Neonazis aus dem gewaltbereiten Hooligan-Umfeld sowie Mitglieder von Kameradschaften an. Sogar einige Neonazis aus Cottbus nahmen am dem Kampfsportraining teil. Eine derartige Besucherliste konnten die „Baltik Korps“ bei dem zweiten offenen Kampfsporttraining am vergangenen Wochenende nicht aufweisen. Unter ihnen fanden sich vorwiegend Mitglieder der Rostocker Kameradschaft „Aktionsblog“ sowie junge Neonazis aus Nordwestmecklenburg ein. Begrüßt wurden die Anreisenden von Sven Krügers Sohn. Sven Krüger ist Inhaber des Thinghauses und über die Grenzen Deutschlands ein einschlägig bekannter Neonazi. Regelmäßig nimmt Krüger seinen Sohn zu Neonazi-Events mit, wie beim faschistischen “Tag der Ehre” in Budapest im Februar dieses Jahr, beim Rudolf-Hess-Gedenkmarsch in Berlin im vergangenen Jahr oder bei den regelmäßig stattfinden Brauchtumsfeiern der „Dorfgemeinschaft Jamel“.

David Mallow im Thinghaus

Unter den Teilnehmern befand sich erneut der Neonazi und Mitglied des „Aktionsblogs“ sowie deren Sportgemeinschaft „Baltik Korps“ David Mallow. Er ist in der Neonazi-Szene als Kampfsportler bekannt und nimmt regelmäßig an derartigen Events teil. Im vergangenen Jahr war Mallow als Teilnehmer des Teams „Kampf der Nibelungen“ am Kampfsportevent „TIWAZ“ in Sachsen. Auch besuchter er mehrere Seminare des rechten Labels „White Rex“, wie im vergangenen Jahr zum Vortrag und Nahkampftraining mit Denis Nikitin im Thinghaus. Vor zwei Monaten berichtete das Internetportal „Endstation Rechts“ über Mallows Aktivitäten als Trainer bei der Boxabteilung des SV Einheit Güstrow e.V. Auf der Seite der Boxabteilung gratulierte man Mallow zu seinem neuen Status als Trainer und freue sich auf die zukünftige Zusammenarbeit. Dort trainiert der Neonazis vorwiegend Kinder und Jugendlicher, wie es auf diversen Fotos zu sehen ist. Die Kontakte zu den Krügers bestehen schon seit längerem. Auch Mallow besuchte mehrfach in den von der „Dorfgemeinschaft Jamel“ initiierten Brauchtumsfeiern in Jamel.

Von der Matte auf die Straße

Im Anschluss des offenen Trainings in Grevesmühlen fielen einige der Teilnehmer in Rostock am Rande des „Christopher Street Day“ auf. Die Neonazis beobachteten das bunte Treiben in der Rostocker Innenstadt. Ihre Intention war ungewiss. Bereits im Anschluss des vergangenen offenen Kampfsporttraining im April im Thinghaus standen Teilnehmer am Rande eines AFD Infostandes in Schwerin. Dort bedrängten und beleidigten die vier-köpfige Neonazi-Gruppe die anwesenden Gegendemonstranten. Diese verließen aufgrund der akuten Bedrohungslage den Ort und wollten sich zu einem nahe gelegenen alternativen Wohn-und Kulturprojekt bewegen. Die Gruppe der Rechtsextremisten bedrängten und verfolgte die Gruppe weiter. Nur durch das besonnene Verhalten der Gegendemonstranten konnte ein Übergriff verhindert werden.

Rekrutierung Jugendlicher

Im Nachgang veröffentlichte die Kameradschaft „Aktionsblog“ auf deren Facebook-Seite eine Nachbetrachtung: „Einmal mehr konnten wir den Kampfsport, mit dieser Veranstaltung, an die deutsche Jugend herantragen und ihnen zeigen, dass es möglich ist, über sich selbst hinaus zu wachsen.“ Derartige Veranstaltungen zielen u.a. darauf ab, den Nachwuchs für die eigene Szene zu rekrutieren. Nicht ohne Grund konnten bereits 14-jährige an dem offenen Kampfsporttraining im Thinghaus teilnehmen. So ist es möglich während eines derartigen Trainings Jugendliche im Straßenkampf auszubilden, in der rechten Ideologie zu festigen und weiter in die Gemeinschaft zu integrieren.
In der Gesamtbetrachtung besteht die berechtigte Sorge, dass sich das rechtsextremistische Gewaltpotenzial auf diese Weise professionalisiert, sodass der „Kampf um die Straße“ in einer neuen – noch brutaleren – Intensität umgesetzt werden könnte.