Am Samstag, den 09.04.2016, veranstaltete die rechte Jugendbewegung „Identitäre Bewegung Mecklenburg und Vorpommern“ (IB MV) um den ehemaligen JNler Daniel Fiß eine Kundgebung in Ribnitz-Damgarten. Während der Anmelder Fiß die zweite geplante Kundgebung in Stralsund absagte, veranstalteten Mitglieder der IB einen Flashmob in Rostock-Warnemünde.
Sicherheit braucht Identität
Unter dem Motto „Sicherheit braucht Identität“ versammelten sich rund 80 Anhänger der rechten Jugendbewegung „Identitäre Bewegung“ aus dem Norddeutschen Raum auf dem Marktplatz in Ribnitz-Damgarten. Neben Mitgliedern aus Braunschweig, nahm auch der in der Nähe von Wismar wohnende Student Torsten Görke teil. Seitdem Görke in seine neue Wahlheimat an die Ostseeküste zog, nimmt er wiederholt an Veranstaltungen der IB MV teil.
Die Teilnehmer wurden rund eine Stunde von insgesamt drei Rednern unterhalten. Zum Einstieg machte der Redner „Daniel“ aus Ribnitz-Damgarten einen kompletten Rundumschlag mit allen möglichen Thematiken der Indentitären Bewegung. Neben Hetze gegen links alternative Politik versuchte er Ängste um den von den Neuen Rechten, wie der IB, gefürchteten Volkstod zu schüren. Er propagierte die Pflege der Staatsgrenzen, die ihre sogenannten „Identitätsräumen“ beschützen. Einen Großteil seiner Rede nahm auch die gleichgeschlechtliche Familie ein. In der Ideologie der Indentitären Bewegung führt Homosexualität zum kulturellen Niedergang der Völker sowie geringen Geburtenzahlen, was Schluss endlich zum Aussterbung und Untergang eines Volkes führt. Der Ribnitzer warb ganz nach diesen Gedanken für traditionelle, konservative Geschlecherbilder und Familien.
Diesem schloss sich der Versammlungsleiter und Anmelder der Kundgebung Daniel Fiß in seiner Rede an. Daniel Fiß machte seine politische Karriere als Mitglied der rechten Kameradschaft „Nationale Sozialisten Rostock“ (NSR) und der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN). Fiß studierte seit 2011 Good Governance an der Rostocker Universität. Nach seinem Ausscheiden aus der JN entwickelte er sich weiter weg von seiner alten Szene, in der er angeblich als Verräter gelten solle, immer mehr hin zur Gemeinschaft der Identitären Bewegung. [2], [3]
Mit rhetorisch sicherem Auftreten und typischem IB-Vokabular warnt Fiß in Ribnitz-Damgarten vor einem Verlorengehen der „Alltagssicherheit“ aufgrund der „Massenimmigration“. „Die aktuelle Masseneinwanderung lanciert einen Bevölkerungsaustausch, wie er historisch in der gesamten europäischen Geschichte einmalig ist.“, so Fiß. Angebliche statistische Erhebungen, für die keine konkreten Quellen benannt wurden, bestätigen die Sicherheitsrisiken durch die Einwanderungen.
Der letzte Redner beschäftigte sich ebenfalls vorwiegend mit der aktuellen Situation um die Geflüchteten. So fordert er „eine revolutionäre Wende, einen Sieg gegen die außer Kontrolle geratene Weltzerstörung“.
Grenz-Blumenkästen
Eine Gegenkundgebung, angemeldet vom AJZ Ribnitz-Damgarten, beschallte die rechte Kundgebung der IB MV mit Sprechchören und Trillerpfeifen. An den Gegenprotesten beteiligten sich bis zu 40 Teilnehmer. Beide Veranstaltungen fanden auf dem Marktplatz statt. Die Ordnungsbehörde erklärte eine Reihe von Blumenkästen als neutrale Grenzzone, die von beiden Seiten jeweils nicht überschritten werden sollte. Eine Reihe Einsatzkräfte, mit martialischer Ausrüstung zu den Gegendemonstranten hingewandt, unterstützte die Funktion der Grenz-Blumenkästen.
IB-Flashmob beim Heringsfest in Warnemünde
Eine eher für die IB untypische Aktionsform stellte die angemeldete Kundgebung in Ribnitz-Damgarten dar.
Kennzeichnend für die Identitäre Bewegung sind vier Alleinstellungsmerkmale: Jugendlichkeit, Aktionismus, Popkultur und Corporate Identity. Im Vergleich zu anderen rechte Kundgebungen und Aufmärschen, waren in Ribnitz-Damgarten auffallend viele IB-Teilnehmer mit Kameratechnik anwesend. Selbstinszenierung spielt für die rechte Jugendbewegung eine große Rolle. Im Vergleich zu den meisten Kameradschaftstrukturen machen sie sich die Vorteile der „Neuen Medien“ zu nutze. Auf ihren Facebook-Seiten, Blogs oder in Youtube-Channels, den sogenannten Vlogs, werden regelmäßig Berichten und Videos von den durchgeführten Aktionen veröffentlicht – so auch von der Kundgebung in Ribnitz-Damgarten. Identität und Nation spielen dabei eine zentrale Rolle. Typisch für die IB, distanzieren sie sich auch am Samstag von „Nazis“. Dennoch propagiert die IB Ziele, die den der Neuen Rechten entsprechen. Meist unterschwellig versuchen sie eine öffentliche Diskursverschiebung und damit eine positiv Besetzung des Begriffes Nationalsozialismus. Oft distanzieren sich die einzelnen IB-Gruppen vom Nationalsozialimus, vom Faschismus hingegen nie. Ihre Ideologie ist vor allem von ethnopluralistischen Vorstellungen geprägt, in denen Menschen mit Migrationshintergrund eine Gefahr für ihre eigene Kultur, Nation und Identität darstellen. [1]
Schnell wurde am Samstagnachmittag klar, dass die von der IB zweite angemeldete Kundgebung in Stralsund nicht stattfinden wird. Laut Polizeiangaben habe der Anmelder die Veranstaltung kurzfristig abgesagt, da er, ähnlich wie in Ribnitz-Damgarten, mit erheblichen Gegenprotest rechne.
Stattdessen fanden sich gegen 13:00 rund 20 Mitglieder der Identitären Bewegung in Rostock-Warnemünde ein. In der für die Identitäre Bewegung typische, dynamische Aktionsform eines Flashmobs verkleideten sie sich mit Burka-ähnlichen Vermummungen und verteilten Flyer an der Warnemünder Promenade, wo gerade das Heringsfest statt fand. Obwohl die IB-Mitglieder versuchte so schnell zu verschwinden, wie sie gekommen waren, konnte die Polizei eine Personengruppe feststellen und kontrollieren, die vermutlich mit der rechten Aktion in Verbindung stehen. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen wegen das Verstoßes gegen das Versammlungsgesetzes aufgenommen.
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