Friedenshof nicht mehr ganz so national befreit

16_10_2016_wismar_abgesagter_nazi_aufmarsch_wismar_fuer_alle_demoAufgrund der mangelnden Teilnahme sagte der Anmelder den rassistischen Aufmarsch am Sonntagnachmittag durch das Wismarer Brennpunktviertel Friedenshof ab. Dennoch führte das bürgerlich geprägte Bündnis „Wismar für alle“ ihre Demo wie geplant durch.

Nationale Zone Friedenshof aufgegeben

Heroisch veröffentlichte noch einen Tag vor dem Aufmarsch das Organisationsteam, bestehend aus Mitgliedern der Kameradschaft „Germanisches Bollwerk Mecklenburg“ und „Kameradschaft Mecklenburg“, einen erneuten Aufruf zu ihrer rassistschen Demo, welcher auf der Facebook-Seite von „Wismar wehrt sich“ veröffentlicht wurde. Aufbauend auf dem letzten Aufmarsch, der in ihren Augen einen großen Erfolg darstellte, warben sie mit einer „attraktiven Route durch nationales Gebiet“. Doch die rege Teilnahme blieb aus. 16_10_2016_wismar_abgesagter_nazi_aufmarsch_megaphon_protestLediglich 12 Neonazis versammelten sich am Startpunkt, was den Anmelder wohl veranlasste, aufgrund mangelnder Teilnahme den rassistischen Aufmarsch ab zu melden. Ob ein im Vorfeld mehrfach angekündigtes striktes Alkoholverbot sowie eine Null-Promille-Grenze eine zu große Hürde für viele Interessierte darstellte, bleibt nur zu spekulieren. Ihr Ziel, den Abwehrkampf weiter zu führen bis „der letzte Muslim im Friedenshof, in Wismar, in Mecklenburg und in ganz Mitteldeutschland ins „schöne“ Hamburg, Berlin oder Köln abgewandert ist“, konnten das Organisationsteam zwar nicht weiter verfolgen, aber sie blieben ihrem Abwärtstrend in die politische Bedeutungslosigkeit weiterhin treu. Eine „National befreite Zone“ wurde an diesem Sonntagnachmittag nicht ausgerufen.

Bunter Bürgerprotest trotz vernieseltem Nachmittag

16_10_2016_wismar_abgesagter_nazi_aufmarsch_wismar_fuer_alleEinen bunten Fleck stellte das Bürgerbündnis „Wismar für alle“ mit ihren farbenfrohen Transparenten und Regenschirmen zwischen der tristen Plattenbaukulisse bei vernieseltem Wetter dar. Ein Jubelschrei ging durch die rund 50 Teilnehmer, als bekannt wurde, dass die Neonazis ihren Aufmarsch abgemeldet hatten. Dennoch wollten es sich die „Wismar für alle“-Initiatoren nicht nehmen lassen, ihren Protestzug wie geplant durch den Wismarer Stadtteil Friedenshof durch zu führen. Begleitet wurden die bunten Regenschirmträger von einer kleineren Gruppe Kinder, die die rassistischen Kommentare ihrer Eltern wieder gaben. „Wir wollen keine Asylantenschweine!“, brüllten die 8- bis 12-jährigen dem bunten Treiben entgegen. Viele der Demonstrationsteilnehmer erwiderten eher Mitleid für die verwahrlost wirkenden Kinder, die vermutlich aus bildungsfernen Schichten stammten. Doch das ließ die Stimmung über den Erfolg des Tages nicht verebben.

Fremdenfeindlicher Angriff

Trotz dieses Teilerfolges wurde der Tag mit Nachrichten über einen fremdenfeindlich motivierten Angriff auf eine Unterkunft in Wismar überschattet. In dem Containerbau neben der Wismarer Hochbrücke sind neben Obdachlose auch einige Geflüchtete unter gebracht. In der Nacht zu Sonntag wurde eine Scheibe mit einem Stein eingeworfen. Die schlafenden Syrer wurden mit Glück nicht verletzt. Die Polizei konnte als einen der Täter einen 35-jährigen Wismarer aus machen, der mit fremdenfeindlichen Motiven handelte.