Gestern, 19.09.2015, fand ein Neonazi-Großaufmarsch der rechten Facebook-Gruppe unter dem Dachverband „Deutschland wehrt sich“ unter dem bereits mehrfach verwendeten Motto „Gemeinsam für die Heimat“ statt. Rund 650 Neonazis liefen ohne große Gegenwehr durch die Schweriner Innenstadt um ihre rassistische Hetze mit den extra eingeladenen Gastrednern zu verbreiten. Nur vereinzelt war ein wenig Gegenprotest zu spühren, der allerdings von den Polizeikräfte soweit wie möglich versucht wurde zurück zu drängen.
Großdemo mit NPD-Prominenz
Auftaktkundgebung begann mit einer Verspätung von mehr als einer Stunde. Im Vergleich zu den vergangenen Veranstaltungen versuchten die Initiatoren sich professioneller zu geben. Sie füllten ihren Aufmarsch mit mehr Inhalt und hatten auch einen halbwegs professionellen Lautsprecherwagen, welcher allerdings für die Masse an Teilnehmern falsch dimensioniert war. Der Redner, der unter dem Pseudonym „Der Mann mit dem Hut“ für das „Neue deutsche Forum“ schreibt, machte dabei den Anfang. Unter den Teilnehmern befanden sich neben den immer anwesenden „besorgten Rassisten“ nun auch wieder die NPD-Prominenz, diverse Kameradschaften wie die Kameradschaft Bützow, Freie Kameradschaft Wismar, Germanisches Bollwerk Mecklenburg, Kameradschaft Schwerin und die Dorfgemeinschaft Jamel. Unter der NPD-Prominenz war der Fraktionsvorsitzende der NPD Landtagsfraktion-MV Udo Pastörs mit Ehegattin Marianne und die NPD-Kader Torgai Klingenbiel, Michael Grewe sowie Andreas Theißen.
Langsam setzte sich der Aufzug mit etlichen Fahnen und Transparenten in Richtung Marktplatz in Bewegung. Die üblichen Sprüche wie „Hadiho Antifa-Hurensöhne“, „Lügenpresse auf die Fresse“ oder „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ waren auch wieder dabei. Hinter dem amateurhaft retuschierten „e.V.“ des Fronttransparenz ging der bundesweit bekannte Rechtsextremist Thomas Wulff in der zweiten Reihe. An der Staatskanzlei angelangt, hielten sie eine längere Zwischenkundgebung ab, da die ursprünglich geplante Zwischenkundgebung auf dem Marktplatz aus Zeitgründen nicht abgehalten werden konnte. Dort sprach der angekündigte Vertreter der „Freiheitlichen Liga“ Heiko Müller und der Landesvorsitzende der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ in Bayern Michael Stürzenberger. Die Stadt Schwerin versuchte den Auftritt von Stürzenberger im Vorfeld mit einem Verbot zu verhindern. Dieses Unternehmen scheiterte. Der Agitator vom Münchener Pegida-Ableger Bagida genoss das Bad in der Menge und legte einen seine üblichen Auftritte hin. Er redete sich in Rage und in seinen Kunstpausen erklangen immer wieder die üblichen pöbelnden inhaltslosen Sprüche. Nach seinem Auftritt ging es wieder zurück Richtung Hauptbahnhof, wo der Neonazi-Aufmarsch endete.
Besorgte Rassisten
Einer der Hauptinitiatoren des gestrigen Aufmarsches war Torsten Schramke. In der Vergangeheit war Schramke Anmelder bei diversen MVgida-Aufmärschen. Im Vergleich zu den in jüngster Zeit stattfindenden Veranstaltungen der Facebook-Gruppe „[Schwerin/Wismar/Deutschland] wehrt sich“ verhielt er sich ruhig. In Vergangenheit war vor allem sein lautes Organ, mit dem er durch den Abendhimmel seine Hetze gröhlte, zu hören. Dazu braucht er meist nicht einmal ein Megafon. Er hüpfte und sprang durch die Reihen und animierte die Neonazi-Masse mit zu pöbeln. Sein Vokabular unterscheidet sich dabei kaum dem eines NPD-Funktionärs.Neben Schramke ist ein weiterer wichtiger Initiator der „[Schwerin/Wismar/Deutschland]wehrt sich“ – Gruppen David Bühring. Auch Bühring meldete vor allem in der jüngsten Vergangenheit diverse Veranstaltungen der rechten Facebook-Gruppen an. Mit an seiner Seite ist immer seine Verlobte Daniele L., die ihm ganz nach rechten Weltbild den Rücken stärkt und ihn unterstützt. Schon bei den MVgida-Veranstaltungen machte Daniele L. Aufnahmen von den rechten Veranstaltugen. Meist lichtete sie allerdings Gegendemonstranten und anwesende Pressevertreter ab. Bei den Aufmärschen und Kundgebungen spielt sich der Forstarbeiter oft als Volksheld auf und betont stark, sie seien keine Neonazis. Dabei besuchte er gemeinsam mit seiner Verlobten Daniele L. und seinem Kind eine Veranstaltung der Dorfgemeinschaft Jamel. Am 21.06.2015 veranstaltete die Gemeinschaft um den mehrfach vorbestraften Neonazi Sven Krüger ein Kinderfest mit Sommersonnenwendfeier. Die Sommersonnenwende ist neben der Wintersonnenwende und dem Ostara-Fest eines der wichtigste Termin im Jahr für Neonazis. Mit Ritualen zum Entzünden des Feuers und NS-Liedern feierte Bühring freudestrahlend gemeinsam mit rund 150 Neonazis in Jamel.
Ein weiterer Neonazi, der auch bei jeder größeren Veranstaltung der „[Schwerin/Wismar/Deutschland] wehrt sich“ – Gruppen teilgenommen hatte, ist Arne Voss. Schon bei den ersten MVgida-Veranstaltungen trat Voss als Ordner auf . Beim gestrigen Aufmarsch in Schwerin, fuhr er den Lautsprecherwagen. In seiner Vergangenheit war Voss im NPD-Kreisverband Segeberg-Neumünster aktiv. Im letzten Jahr zog er in den Landkreis Ludwigslust-Parchim und pflegt dort weiter Kontakt mit den lokalen NPDlern wie Udo Pastörs, Torgai Klingenbiel oder Andreas Theißen. Einer der ersten öffentlichen Auftritte von Voss in Mecklenburg-Vorpommern war die vom jameler NPDler Tino Streif angemeldete Veranstaltung anlässlich des Festivals „Jamel rockt den Förster“ in Jamel vergangenes Jahr. Mittlerweile besucht Voss überregional diverse Neonazi-Veranstaltungen, wie im vergangenen Sommer zum „Tag der deutschen Zukunft“ in Neuruppin. Hier reiste er mit ein T-Shirt der NPD Jugendorganisation „JN“ an.
Antje Mentzel und Nina Lohse. 


