Die Partei Die Rechte marschierte am Samstag, 18.03.2017, mit gerade einmal 120 Teilnehmern durch die Leipziger Innenstadt. Sogenannte „Hamburger Gitter“ umringten die Neonazis entlang der gesamten Aufmarschstrecke von rund 1,5 km. Begleiten wurde der Aufmarsch größtenteils von einem lautstarken und zahlreichen Gegenprotest.
Die Rechte, Kameradschaften und 90‘s-Style
Angemeldet wurde der Neonazi-Aufmarsch von dem in Parchim wohnhaften Christian Worch. Unter dem Motto „Unsere Heimat, unsere Familie, unsere Zukunft“ marschierten gerade einmal 120 Teilnehmer entlang der 1,5 km langen Route. Das ursprüngliche Vorhaben Worchs, durch das Leipziger, als links-alternativ geltende Connewitz zu marschieren, scheiterte. Seine gewünschte Route wurde von der Ordnungsbehörde verlegt. Die Alternativstrecke verlief vom S-Bahnhof MDR bis zur nächsten Haltestelle Bayerscher Bahnhof. Der Aufmarsch war für bis zu 400 Teilnehmer angemeldet. Deutlich weniger, 120 Teilnehmer, fanden sich schlussendlich ein. Unter ihnen befanden sich einzelne Vertreter der Die Rechte-Landesverbände sowie Mitglieder der freien Kameradschaften. Auch wenn in den internen Auflagen der Aufmarschteilnehmer auf einen Dresscode hingewiesen wurde, der Jogginghosen und Bomberjacken ausschloss, kam unter den zahlreichen Bomberjacken in verschiedenen Farben, mit verschiedenen Aufdrucken Stimmung aus vergangenen Jahrzehnten auf. Selbstverständlich durfte die entsprechende extrem Kurzhaarfrisur nicht fehlen. Auch taten sich die Ordner schwer, dass selbst auferlegte Rauchverbot durch zu setzen. Besonders lautstark stach der Block der Autonomen Nationalisten, unter ihnen Mitglieder des „Aktionsgruppe Freundeskreis MuP“ (Mecklenburg und Pommern), hervor. Mit Anheizer und Transparenten in Formation versuchten sie Stimmung zu machen. Die Polizei musste mehrfach den Aufmarsch stoppen, da gegen das Vermummungsverbot verstoßen wurde.
Hamburger Gitter entlang der Strecke
Begleitet wurde der Aufmarsch von einem unverhältnismäßig, massiven Polizeiaufgebot. Die Polizei schaffte alles auf die Straße, was der Fuhrpark und die Menschenpower zu bieten hatte. Es waren mehrere Hundertschaften aus verschiedenen Bundesländern, Pferdestaffeln, mehrere Wasserwerfer und Räumpanzer im Einsatz. Bereits ab 10:00 Uhr bauten die Polizeibeamten entlang der kompletten Strecken beidseitig Hamburger Gitter auf, um ein ungehindertes Demonstrationsgeschehen zu gewährleisten. Umringt von mehreren Reihen behelmter Polizisten wurden die Aufmarschteilnehmern an ihrem Zwischenkundgebungsplatz von einer Masse an Gegendemonstranten empfangen. Nachdem die Gegendemo mit rund 1000 Teilnehmern beendet war, verweilten viele Gegendemonstranten an deren Endpunkt in unmittelbarer Nähe. Lautstark brachten sie ihren Protest den ankommenden Neonazis entgegen. An die Zwischenkundgebung schloss sich ein Spießrutenlauf zum Endkundgebungsort an. An den Hamburger Gittern hatte sich ein weiterer großer Teil der Gegendemonstranten verteilt und protestierte mit Transparenten und Sprechchören gegen die „Die Rechte“- Demo. Abgesehen von kleineren, vereinzelten Auseinandersetzungen, bei denen einzelne Gegendemonstranten die Neonazis mit Bananenschalen oder Wasserbomben bewarfen , blieb es friedlich. Auch wenn es bei vergangenen Protesten immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Gegendemonstranten kam, war das Polizeiaufgebot unverhältnismäßig hoch. Selbst für die angemeldeten 400 Neonazis, von denen schlussendlich 120 erschienen, lässt sich der Polizeieinsatz, der zahlenmäßig an Einsätzen zu Zeiten des G8-Gipfels 2007 erinnerte, schwer rechtfertigen.
Worch als Anmelder in Leipzig
Christian Worch, der Anmelder des Aufmarsches, ist ein Wiederholungstäter in Leipzig. Bereits in den anfänglichen 2000er meldete er zahlreiche rechte Aufmärsche in der sächsischen Stadt ein. Zwischen 2001 und 2007 veranstaltete er rund 15 Aufmärsche in der von ihm betitelten „Frontstadt“. Seit Beginn der 70er ist der mittlerweile 61-jährige in der rechten Szene aktiv. Seine ersten Erfahrungen machte er in der NPD. Dann wechselte Worch zur neonazistischen Kult-Gruppe um Michael Kühnen. Nach Kühnens Tod engagierte er sich in der DVU. Aufgrund wohl vor allem persönlicher Zerwürfnisse schloss er eine erneute Karriere bei der NPD aus. Nach dem Einschmelzen der DVU in die NPD, gründete Worch 2012 mit einigen anderen ehemaligen DVU-Mitgliedern die neue Kleinpartei „Die Rechte“. Mit wenigen Mitgliedern haben sie bundesweit mehrere Landesverbände. Dennoch kämpfen sie weiterhin gegen die konkurrierende NPD. 2015 versuchte „Die Rechte“ mit einem Kreisverband in Mecklenburg-Vorpommern Fuß zu fassen. Eine Kundgebung in der Landeshauptstadt Schwerin sollte die gewünscht Bekanntheit bringen. Auch wenn Worch in Parchim lebt, gelang es „Die Rechte“ sich nicht in Mecklenburg-Vorpommern einen Namen zu machen. Mittlerweile ist der Kreisverband wieder in der Versenkung verschwunden. Auch lässt sich der Bundesvorsitzende Christian Worch bei keinen der anderen rechten Veranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern blicken. Um so überaschender, dass sich Worch zu den kommenden Bürgermeisterwahlen im 3300-Seelenort Au am Rhein aufstellen lässt. Laut Berichten der Ostsee-Zeitung reagiert man in der Gemeinde ebenso überrascht wie bestürzt. Eine Prüfung ergab, dass die Zulassung zur Wahl nicht verhindert werden kann. Christian Worch kündigte seine Kandidatur als Wahlkampfauftakt zu den kommenden Bundestagswahlen im September an, zu der sich „Die Rechte“ aufstellen will.
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