Zum nationalen Dorffest am Samstag, den 24.06.2017, besuchten bis zu 250 Gäste das deutschlandweit bekannte Dorf Jamel. Höhepunkt des Tages stellte die Zeremonie zum Entzünden des Feuers zur Sommersonnenwende statt. Die „Dorfgemeinschaft Jamel“ um den mehrfach vorbestraften Sven Krüger schmückte das Dorf und bot den Gästen einiges an Attraktionen. Die anwesende Polizei hielt sich wie so oft bedeckt und begnügte sich mit allgemeinen Verkehrskontrollen am Dorfeingang. Laut Einsatzleiter war die Veranstaltung nicht angemeldet.
Bespaßungsprogramm am Nachmittag
Ab den frühen Nachmittagsstunden reisten die Gäste der „Dorfgemeinschaft Jamel“ an. Auffällig war das rege Interesse der regionalen Strukturen. Nur vereinzelt reisten Teilnehmer aus Berlin und Schleswig-Holstein in das mecklenburgische Dorf an. Wie in den Jahren zuvor boten die Veranstalter einige Attraktionen, die vor allem von den rund 70 Kindern angenommen wurden. Neben der Hüpfburg, gestellt vom lokalen Festbedarfvsverleiher Steffen Meinicke und seiner Firma „Ostsee Hüpfburg“, konnten die Kinder sich schminken lassen oder eine Kremsfahrt unternehmen, betreut von einem Freizeitanbieter aus Schildberg bei Grevesmühlen.
Zum Toben unter Aufsicht von Erwachsenen waren wie jedes Jahr Heuballen auf dem Platz in der Dorfmitte aufgestapelt. So beaufsichtigte unter anderen die neu gewählte Bundesvorsitzende der NPD-Frauenorganisation „Ring Nationaler Frauen“ Antje Menzel zeitweise Kinder, die auf den Heuballen herumkletterten. Menzel, welche in der Vergangenheit wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Sachbeschädigung und der Volksverhetzung für schuldig gesprochen wurde, übernahm in der in den letzten Jahren häufig bei den NPD-dominierten MVgida-Demonstrationen organisatorische Aufgaben. Auch trat sie am 18.Juni 2017 als Ordnerin auf einer Demonstration zum Erhalt des Fussballplatzes Paulshöhe in Schwerin in Erscheinung. Die Demonstration wurde aus dem Umfeld des Fussballvereins „SG Dynamo Schwerin“ organisiert. Während der Nachwuchs spielerisch schon Kontakte knüpft und ihrem völkisch, nationalen Weltbild stärkt, konnten die Eltern sich an dem Ess- und Getränkeausschank austauschen und für den weiteren Abend stärken.
Aus den Reihen der ehemaligen NPD-Landtagsfraktion sowie deren Mitarbeiter war der NPD-Landesvorsitzende Stefan Köster sowie sein Stellvertreter David Petereit anwesend. David Petereit war Herausgeber der vom Verfassungsschutz als neonazistisch eingestuften Publikation „Der weiße Wolf“. Das Heft war 1996 in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg a.d. Havel als „Rundbrief für Kameraden“ gegründet worden. In diesem Heft wurde bereits 2002 der Terrorgruppe NSU gedankt, neun Jahre vor dem Bekanntwerden der rechtsextremen Mordserie. Bei einer Durchsuchung in seinen Wohn-, Geschäftsräume und seinem Abgeordnetenbüro wurde ein Brief gefunden, der auch als Datei auf dem PC in der verbrannten Zwickauer Wohnung des NSU gefunden wurde.
Schulung in Brauchtumspflege am Abend
Nachdem der als „Dorfchef“ geltende Sven Krüger zur Feuerstunde gerufen hatte, stellten die 210 übriggebliebende Gäste sich zum Einmarsch zur Feuerstelle auf. Dort war ein etwa 4 Meter hoher und mit einer Lebensrune geschmückten Holzhaufen aufgestapelt worden. Die Lebensrune wurde währende der NS-Zeit als Propagandamittel in Abgrenzung zu christlichen Symboliken genutzt. Auch wurde sie von der NS-Frauenschaft, den Apotheker und des Sanitätsdienstes in der Hitlerjugend verwendet. Die Lebensrune soll einen Mann mit zur göttlichen Macht ausgestreckten Armen darstellen. Sie gilt als Symbol der Kraft und völkischen Bewegung. Unweit der Feuerstelle stellten sich u.a. ehemalige Kader der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ Ragnar Dam sowie Alf Börm mit Fanfare auf. Nachdem es in der Vergangenheit um Alf Börm etwas ruhiger geworden war, beteiligte er sich vergangenes Wochenende an einer Demonstration der „Idenditären Bewegung“ in Berlin. Hier trug der ehemalige Maschinenbaustudent der Hochschule Wismar die gelbschwarze Lambda-Fahne, ein Symbol der „Idenditären Bewegung“.
Unter der Führung von zwei Trommlern marschierte die Festgesellschaft mit Fackeln durch Jamel auf dem Feuerplatz. Hier stellten sie sich im Kreis um den geschmückten Holzhaufen auf. Nach kurzer Rede entzündeten die meist jüngeren Teilnehmer, unter ihnen auch zahlreiche Kinder, das Feuer. Nach dem gemeinsamen Singen von völkischem Liedgut, hielt Stefan Köster eine Rede. Der NPDler erklärte die Symbolik der Sonnenwende und Feuers aus national völkischer Sicht. Im Anschluss sagten die Teilnehmer ihre Feuersprüche auf.
Der Schein trügt
Auch wenn es in Jamel friedlich aussah, antworten extrem Rechte nicht selten mit Gewalt und Einschüchterung, wenn sie sich in ihren Zeremonien gestört fühlen. Bei einer ähnlichen Veranstaltung zur Sonnenwende am gleichen Tag in Schleswig-Holstein wurde ein Journalist der über das Treiben berichten wollte angegriffen. In Schierensee wurde der Pressevertreter bei seinen Recherchen zu den völkischen „Ludendorffern“ attackiert – blieb mit Glück unverletzt.
In Jamel sicherten Beamte der Bereitschaftspolizei und der „Mobilen Aufklärung Extremismus“ (MAEX) die Veranstaltung mit ca. 25 Beamten vor Ort ab. Sie führten vor allem an einem Kontrollpunkt am Eingang des Dorfes eine Verkehrskontrolle durch. Zwei Beamten der MAEX beobachteten das Treiben im Dorf. Laut dem Einsatzleiter der Polizei vor Ort, wurde „keine Veranstaltung angemeldet“ und diese Art von Veranstaltung sei auch nicht anmeldepflichtig.
Eine fragwürdige Aussage, da die „Dorfgemeinschaft Jamel“ mit ihren Gästen eine öffentliche Straße als Aufmarschweg zur Feuerstelle benutzten sowie das Gemeindeland in der Dorfmitte wiederholt als Parkplatz und also Stellfläche für Kinderattraktionen benutzt haben.
Für die Nutzung des Gemeindelandes bei anderen Veranstaltungen im Ort, müssen z.B. die Organisatoren des „Jamel rockt den Förster“-Open Air eine Nutzungsgebühr bezahlen.
Die rechte Gemeinschaft feierte noch bis spät in die Nacht ihre Sommersonnenwende. Noch Stunden nach dem Entzünden des Feuers dröhnte lautstark Rechtsrock und das Gröhlen der Gäste durch den kleinen Ort.