Wahlen 2019 in Westmecklenburg

Bemaltes Wahlplakat der WG „Heimat“ in Gägelow

Am vergangenen Wochenende wurde in Mecklenburg-Vorpommern die Europa- und Kommunalwahlen durchgeführt. Die Wahlbeteiligung war so hoch, wie seit langem nicht mehr. Im Schnitt machten 60% der Berechtigten in den einzelnen Wahlbezirken ihre Kreuze. Bei den Europawahlen gingen Bündnis 90/Die Grünen als klarer Sieger in die neue Legislaturperiode. Nachdem die NPD in den vergangenen Monaten immer wieder schwächelte, ist sie nach dem Ergebnis am vergangenen Wochenende weiter auf Abstiegskurs.

NPD weiter auf Abstiegskurs

Die NPD musste bei der vergangenen Europa- und der Kommunalwahl in Mecklenburg-Vorpommern enorme Verluste einstecken. Bundesweit schaffte sie es gerade einmal 0,3% der abgegebenen Stimmen von sich zu überzeugen. Im Landkreis Nordwestmecklenburg stimmten mit 1,1% für die NPD und damit 1,4% weniger im Vergleich zu vergangenen Europawahlen. Ähnlich schlechte Ergebnisse erzielten sie im Landkreis Ludwigslust-Parchim mit einem Verlust von 1,8% der Wählerstimmen. Damit verpasste Udo Voigt den erneuten Einzug ins Europaparlament.

Rainer Schütt

Der Wismarer NPDler Rainer Schütt gehört als Leiter des Bürgerbüros in Wismar zu den Mitarbeitern Voigts. Die aus dem Europaparlament dafür zur Verfügung gestellten Mittel, um Voigts Angestellte und Bürgerbüros zu betreiben, fallen nun weg. Ob Schütt das Bürgerbüro weiter betreiben wird, bleibt abzuwarten. Denn immerhin hat Schütt den Einzug in den Kreistag Nordwestmecklenburg für die NPD geschafft, verlor allerdings seinen Mandatssitz in der Bürgerschaft Wismar. An politischer Arbeit wird von Schütt im Kreistag nicht viel zu erwarten sein. Vor den Wahlen gab der 74-jährige Schütt gegenüber der Ostsee-Zeitung sein Statement ab: „Politisch können wir nichts bewegen. Uns geht es darum, den anderen Plätze wegzunehmen.“
Im Kreistag Ludwigslust-Parchim hat Udo Pastörs den Einzug für die NPD geschafft. Allgemein kann die NPD längst nicht an die Wahlerfolge vergangener Kommunalwahlen anknüpfen. Die Partei befindet sich weiter auf Abstiegskurs.

AFD in der Bürgerschaft Wismar und Kreistag

Wesentlich erfolgreicher auf kommunaler und europäischer Ebene schnitt die AFD bei den vergangenen Wahlen ab. Mit 11% zieht die AFD erneut ins Europaparalament ein und steigert damit ihr Ergebnis um 4%. Deutlich mehr Stimmen kann die AFD auch in der Bürgerschaft Wismar mit 4 Sitzen sowie Kreistag Nordwestmecklenburg mit 8 Sitzen für sich verbuchen. Allerdings fehlte es der AFD in Nordwestmecklenburg an Quantität um Flächendecken in den Gemeindeparlamenten anzutretten. Mit unter den Wahlsieger ist auch der umstrittene Jens-Holger Schneider. Das ist nun sein drittes Mandat, denn neben seinen neuen Sitzen in der Bürgerschaft und im Kreistag ist er auch AFD-Abgeordneter im Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Schneider gehört zu einen der umstrittenen AFDlern. Seit mindestens 2006 hat Schneider Kontakt in die Neonazi-Szene, von denen er sich bis heute nicht gelöst haben soll. 2007 bepöbelter er gemeinsam mit der vorbestraften Jameler Neonazi Sven Krüger Journalisten und Demonstranten am Rande einer Antifa-Demo in Wismar. Schneider war mehrfach Teilnehmer – und auch einmal Ordner – an den NPD-nahen MVgida-Aufmärschen. Klar ersichtlich wurden dort seine guten Kontakte vor allem zu RNF-Bundesvorsitzende Antje Mentzel. Gemeinsam mit seiner Mutter Brigitte Schneider zieht Jens-Holger nun in die Bürgerschaft Wismar und den Kreistag Nordwestmecklenburg ein. Sympathien zur AFD-Familienbande sind von anderen Parteien nicht ausgeschlossen. Der CDUler Tom Brüggert, der ebenfalls in beiden kommunalen Parlamenten Abgeordneter ist, ist der Cousin von Jens-Holger Schneider.

„Wählergemeinschaft Heimat“ in Gemeindevertretung

S.Krüger, T.Streif und U.Wandel im gespräch in Jamel

Zu den Kommunalwahlen stellen sich neben den Parteien viele Wählergemeinschaften auf. Gerade in den dörflichen Regionen, in denen nicht jeder Kommunalpolitiker Mitglied einer Partei ist, ist das die übliche Gangart. So auch in der Gemeinde Gägelow: Dort schlossen sich die Mitglieder der kameradschaftsähnlichen Struktur „Dorfgemeinschaft Jamel“ Sven Krüger, Steffen Meinecke und Tino Streif zur „Wählergemeinschaft Heimat“ zusammen, um für die Gemeindevertretung Gägelow zu kandidieren. Obwohl nach eigenen Angaben mit Ausnahme von Tino Streif die Mitglieder der Wählergemeinschaft weiterhin Mitglieder der NPD sind, entschieden sie sich bewusst, nicht unter der Fahne der NPD anzutreten. Eine Strategie, die aufging. Sven Krüger schaffte es mit der „Wählergemeinschaft Heimat“ in die Gemeindevertretung Gägelow. Für die Wählergemeinschaft haben insgesamt 401 und damit 9,5% der Wähler gestimmt. Auf Sven Krüger entfielen 281 Stimmen (6,7 %), damit erziehlte er hinter Simone Oldenburg das zweitbeste Ergebnis aller Bewerber für die Gemeindevertretung. Die Zahlen bestätigen, dass die Wählergemeinschaft und damit die Neonazis aus Jamel längst Sympathisanten in den umliegenden Dörfern von Jamel gefunden haben. Für die Demokratie in der Region ist das Wahlergebnis ein derber Rückschlag. Mit einer kritischen Auseinandersetzung der anderen Gemeindevertreter bezüglich des Neonazis, der nun mit ihnen am runden Tisch sitzt, ist nicht zu rechnen. Viele der vorherigen Vertreter wurden wieder in das Gremium gewählt. Bereits in Vergangenheit hat bei einigen eine klare Distanzierung zur rechten Dorfgemeinschaft in Jamel gefehlt. Vor allem der Bürgermeister Uwe Wandel hat immer wieder den Kontakt zu den Neonazis gesucht. Auch von der LINKEN-Landtagsfraktionsvorsitzenden Simone Oldenburg, die es ebenfalls wieder in die Gemeindevertretung geschafft hat, wird mit wenig Gegenwehr zu rechnen sein. Nachdem es u.a. gegen ihre Person Kritik aufgrund der Verpachtung der umstrittenen Dorfwiese an ein Mitglied der „Dorfgemeinschaft Jamel“ gab, glänzte sie bei Gemeindevertretersitzungen, in denen erneut über die Vergabe von Flächen in Jamel abgestimmt wurde, mit Abwesenheit. Sven Krüger kann nun das Gemeindeleben mitgestalten. Er entscheidet aktiv darüber mit, was in der Gemeinde Gägelow geschieht. In jüngster Vergangenheit gab es mehrfach öffentliche Kritik und Streitigkeiten mit den Ordnungsbehörden bezüglich der rechten Aktivitäten im Dorf Jamel. Gerade die Verpachtung mehrere Flurstücke an die „Dorfgemeinschaft Jamel“, die so stetig wächst und sich weiter in die umliegenden Dörfer vernetzt, sorgte für Unruhen. Zukünftig darf Sven Krüger sich bei derartige Entscheidungen in den Diskussionsprozess einbringen und mit abstimmen. Auch wird er über diverse Belange in Bezug auf das anti-Nazi-Festival „Jamel rockt den Förster“ mitentscheiden. Seit Jahren ist das Festival den Neonazis ein Dorn im Auge.