Indizierter Rechtsrock bei NPD-„Sommerfier“ im „Thinghaus“

Am Samstag, den 31. August 2019, lud der NPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern zu ihrem Sommerfest in das deutschlandweit bekannte „Thinghaus“ ein. Die bis zu 115 Neonazis lauschten bei Bier und Bratwurst den Rednern sowie musikalischen Acts. Nach dem vermeintlichen Abspielen von indizierter Musik brach die Polizei den Auftritt der Band „Oidoxie Solo“ ab.

Mit Bier und Bratwurst zu Köster, Pastörs und Franz

Seit Mitte August bewirbt der NPD-Landesverband MV, vorwiegend über Facebook, ihre nichtöffentliche „Sommerfier“ im Thinghaus. Bei den Behörden angezeigt wurde die Veranstaltung vom Landesverband der NPD. Die Polizeieinsatzleitung schätzte die Veranstaltung rechtlich allerdings als öffentliche Versammlung im geschlossenen Raum ein, bei der nach Aussage der Einsatzleitung der früheren NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit als Versammlungsleiter fungierte. Bereits zum Beginn der Versammlung um 14:00 Uhr war ein Großteil der Parkplätze auf dem Gelände des Thinghauses belegt. Anders als bei vergangenen Veranstaltungen wurde es den anreisenden Neonazis untersagt am Straßenrand rund um das Thinghaus zu parken. Während der Versammlung wurde ein zeitliches Parkverbot im Grünen Weg eingerichtet, sodass die Polizeibeamten die Anreisenden anwiesen auf das Stadtgebiet auszuweichen. Die bis zu 115 Teilnehmer reisten vorwiegend aus Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg an. Neben Reden des NPD-Landesvorsitzenden Stefan Köster und des ehemaligen Vorsitzenden der NPD-Landtagsfraktion Udo Pastörs konnten die Teilnehmer dem NPD-Bundesvorsitzenden Frank Franz zuhören. Während Udo Pastörs einen altbekannten 40-minütigen Monolog über die Presse, Volk und Gemeinschaft hielt, erklärte Franz die schwierige Zeit der NPD und stellte den zukünftigen Weg der Partei dar.
Zwischen den Reden spielten die angekündigten Musiker ihre teils einstündigen Sets. Außer „Ungebetene Gäste“ coverten sie meist Lieder diverser anderer rechter Bands.

„Oidoxie Solo“-Auftritt von Polizei beendet

Den Anfang machte Karin Mundt unter den Namen „Wut aus Liebe“. Mit Gitarre sang sie solo u.a. Songs von „Landser“, „Freikorps“ oder „Sleipnir“ nach. So richtig Stimmung kam aber während des ganzen Auftritts nicht auf. Die anwesenden Gäste unterhielten sich lieber bei Bier als einzelne Lieder mit anzustimmen. Der nächste Liedermacher war der den Hammerskins nahe stehende „Flatlander“. Der Niederländer coverte hauptsächlich englischsprachige Songs von u.a.
„Screwdriver“ oder „Bound of Glory“. Einer der bekanntesten Acts des Abends war die Combo „Oidoxie Solo“ mit den zwei „Oidoxie“-Bandmitgliedern Marko Gottschalk und Martin Krause. Die Band „Oidoxie“ wird in der Öffentlichkeit immer wieder mit Combat 18 in Verbindung gebracht. Demnach ist es nicht verwunderlich, dass die Polizei offensichtlich die gespielten Lieder des „Oidoxie Solo“ bereits vor Ort analysierte. Nach dem siebten Lied stieg David Petereit auf die Bühne und sprach mit dem Duo. Gottschalk teilte den Zuhörenden mit: „So, ein Lied machen wir noch, dann müssen wir raus. Wir haben angeblich indizierte Lieder gespielt“.
Vor dem Thinghaus gab es anschließend Diskussionen zwischen „Oidoxie Solo“ und der Einsatzleitung bezüglich der aktuellen Sachlage. Nach der Personalienaufnahme von Gottschalk und Krause kehrten sie nach einer halben Stunde wieder auf die Bühne zurück. Ein weiteres Lied wurde nicht gespielt, stattdessen berichtete Gottschalk, sie müssen den Auftritt für heute beenden. Die Polizei werfe ihnen vor indizierte Lieder von „Voran“ („Freikorps“) sowie „Geheuchelte Humanität (Alter Mann von Spandau)“ („Noie Werte“)gespielt zu haben. Abgerundet wurde im Anschluß der Abend mit der aus MV stammenden Band „Ungebetene Gäste“.

Mehrfach indizierte Lieder gecovert

Der Titel „Voran“, aufgrunddessen laut Gottschalk der Auftritt des Duetts abgebrochen wurde, wurde bereits drei Stunden früher von der Sängerin Karin Mundt („Wut aus Liebe“) gespielt. Auch spielte Mundt Lieder, welche im Original auf indizierte Alben veröffentlicht wurde. In ihrer Setlist war „Wächter Europas“ von „Division Gemania“ (*1), „Fridericus Rex“ (*2) und „Nordland“(*3) von „Landser“ aufzufinden. „Oidoxie Solo“ spielte ebenfalls „Nordland“ (*3) sowie „Lenker der Schlachten“ (*4) der Band „Landser“. „Landser“ wurde 2003 vom Berliner Kammergericht als erste Musikgruppe zur kriminellen Vereinigung erklärt und zu Geld- und Haftstrafen verurteilt.

Mittlerweile wurden von der Polizei Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Fraglich an dieser Stelle, warum nicht schon früher seitens der Polizei in das als Versammlung eingestufte NPD-Sommerfest eingegriffen wurde. Auch bleibt weiterhin die Frage offen, ob es im Nachgang weitere Ermittlungsverfahren aufgrund des Spielens der weiteren indizierten Lieder geben wird.

NPD verliert an Bedeutung

In der Gesamtbetrachtung ist das Fest nicht als Erfolg für die NPD zu werten. Immer wieder wurde der Ärger der Neonazis über die anwesenden Journalisten als auch der souveräne Einsatz der Polizei deutlich. Die Besucherzahl von knapp über 100 war geringer als bei anderen vergleichbaren NPD-Veranstaltungen. Neugierige Anwohner blieben der Veranstaltung ebenso fern, wie einige alte Kameraden, Wegbegleiter oder Kader. Auffällig war vor allem das Fehlen einiger Mitglieder des NPD-Kreisverbandes Westmecklenburg. Versteckt hinter dem meterhohen Zaun im Industriegebiet von Grevesmühlen hatte die NPD-Sommerfeier keine große öffentliche Wahrnehmung. Wieder einmal mehr reiht sich diese Veranstaltung in eine Vielzahl von Ereignissen ein, die die NPD am Rande der Bedeutungslosikeit für die rechte Szene im Bundesland stehen lässt.

(*1) Aus dem Album „und ewig lebt das Reich (2004)“ – 29. Januar 2005 indiziert (BAnz. Nr. 20)
(*2) Aus dem Sampler „Blood and Honour Brandenburg“ -28.04.2001 indiziert ( BAnz Nr.81 )
(*3) Aus dem Album „Das Reich kommt wieder“(Tape 92,CD 96) – ‚Tape 18. November 1993 indiziert (Pr 409/93) CD 12. März 1997 indiziert ( Pr 26/97)
(*4) Aus dem Album „Ran an den Feind“ -15. März 2001 indiziert (Pr 23/01)

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