Trauermarsch in Dresden massiv durch Gegenprotest gestört

Am vergangenen Samstag veranstalteten die Neonazis zum 75. Jahrestag der Bombardierung Dresdens ihren jährlichen Trauermarsch. Trotz der enorm hohen Anzahl von rund 1500 Teilnehmern, unter denen sich auch internationale rechte Gruppierungen befanden, musste der Aufmarsch aufgrund des massiven Gegenprotestes in eine kürzere, unattraktive Route nehmen.

75 Jahre Bombardierung Dresdens

Im Februar vor 75 Jahren wurde während des 2. Weltkrieges Dresden von den Alliierten bombardiert. Dieser Angriff am 13./14. Februar stellte den Höhepunkt mehrerer Angriffswellen dar, wobei ein Großteil der historischen Altstadt zerstört wurde. Wie bei ähnlichen historischen Ereignissen, instrumentalisieren die Neonazis auch die Bombardierung Dresdens seit rund 20 Jahren, um ihre rechte Propaganda in Form eines Trauermarsches auf die Straße zu tragen. Auch in diesem Jahr war der Trauermarsch vom Dresdener NPD-Kreisvorsitzenden Maik Müller angemeldet worden. Unterstützend an seiner Seite übernahm der Mitbegründer der verbotenen Berliner „Kameradschaft Tor“ Lutz Giesen organisatorische Aufgaben, wie Kommunikation mit der Polizei, Durchsetzen von pressefreien Räumen und Einweisung der Aufmarschteilnehmer.

Ups and Downs

In den letzten Jahren schien es so, als hätten die Trauermärsche in Dresden längst ihren Höhepunkt überschritten. Jahrelang galt er als Pflichttermin der Neonazi-Szene, die allerdings fortwährend auf eine starke Zivilgesellschaft und erfolgreiche Blockaden gestoßen waren. Das führte zu schwindenden Teilnehmerzahlen bis hin zu wenigen hundert Personen. Um so überraschender der Aufschwung im letzten Jahr, wobei gut 800 Neonazis mitten durch die Dresdener Innenstadt entlang der prestigeträchtigen Wahrzeichen marschieren konnten. Die Neonazi-Szene mobilisierte dieses Jahr groß zum 75. Jahrestag der Bombardierung Dresdens. Die Strategie ging auf, rund 1500 Neonazis nahmen am vergangenen Samstag an dem Trauermarsch teil – eine Teilnehmerzahl, die seit Jahren nicht mehr so hoch war. Explizit wurden rechte Gruppierungen aus dem Ausland angesprochen. Während der Redebeiträge der Endkundegebung wurde sich bei den internationalen Kameraden bedankt, die extra wegen des Trauermarsches eigene geplante Aufmärsche verschoben hätten. Neben Neonazis aus Ungarn oder Frankreich, wie die Kameradschaft „Association Communaute Irminsul“, marschierten auch der Zusammenschluss „Europa Terra Nostra“ mit dem ehemaligen Vorsitzenden der „British National Party“ Nick Griffin mit.

MV-Block beim Trauermarsch

Auch die Neonazi-Szene in Mecklenburg-Vorpommern mobilisierte in diesem Jahr stärker als sonst zum Trauermarsch in die Sächsische Landeshauptstadt. Schon Tage zuvor, am Donnerstag, hängten Neonazis mehrere Transparente an verschiedenen Autobahnbrücken entlang der A20, die die Bombardierung Dresdens thematisierten. Die Transparente wurden bereits morgens von der Polizei sicher gestellt. Die Kameradschaft „Aktionsblog Rostock“ machte auf ihrer Facebook-Seite im Vorfeld Werbung für den Trauermarsch und war mit rund 15 Mitgliedern und Sympathisanten anwesend, unter ihnen abermals der Kampfsportler David Mallow. Die NPD-Prominenz aus Mecklenburg-Vorpommern, unter ihnen Udo Pastörs, Michael Grewe, Stefan Köster, Antje Mentzel, Andreas Theißen, Tino Müller, Enrico Hamisch und Dirk Arndt, reihten sich hinter dem Transparent der Kameraden aus Neuruppin ein, zu denen reger Kontakt gepflegt wird. An Disziplin können sich die Neonazis aus MV allerdings noch eine Scheibe bei den anderen Kameraden abschneiden. Mehrfach mussten die Ordner den munter quatschenden und pöbelnden Tross scharf ermahnen, dass dies ein Trauermarsch sei und sie ruhig sein sollen.

Massiver Gegenprotest verkürzt die Route

Trotz der hohen Teilnehmerzahl und der internationalen Unterstützung war der vergangene Trauermarsch in Dresden eine Niederlage für die Neonazis. Der Trauermarsch stieß an dem Tag auf massiven Gegenprotest. Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ rief nach dem letztjährigen Erfolg der Neonazis zu einer Aktionswoche auf, mit Höhepunkt des Blockierens des Trauermarsches. Sie veranstalteten eine große Demonstration am Samstagmorgen deren Ziel der Neonazi-Treffpunkt in der Nähe des Bahnhofs war. Insgesamt waren rund 3000 Gegendemonstranten an dem Tag auf den Beinen und versuchten mit Blockaden, Spontandemonstrationen und weiteren diversen Aktionen den Aufmarsch zu verhindern. Die komplette Innenstadt war verstopft, sodass die Neonazis eine alternative Route laufen mussten. Gerade einmal 2 km marschierte die sichtlich frustrierten Trauermarsch-Teilnehmer und wurden von Gegenprotest entlang der Route in Empfang genommen. Große Kritik gab es allerdings noch während des laufenden Tages an dem Polizeieinsatz. Während sich Polizeibeamte vorwiegend nur an der Spitze und am Ende des lang gezogenen Trauermarschzuges positionierten, trotz des hohen Vorstrafenregisters einiger Neonazis, fokussierten sich die Einsatzzüge auf die Gegendemonstranten. Vor allem ein Video, in dem deutlich zu sehen ist, wie ein Beamter der Reiterstaffel durch eine Gruppe von Gegendemonstranten reitet, sorgt für einen öffentlichen Aufschrei. Bereits Tage zuvor klagen verschiedene Akteure über unverhältnismäßige Polizeieinsätze während der Aktionswoche. Ob der Polizeieinsatz zum 75. Jahrestag der Bombardierung in Dresden noch ein rechtliches Nachspiel haben wird, bleibt abzuwarten.

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